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Rede zur Rechtsverordnung einer Schulordnung für den inklusiven Unterricht an öffentlichen Schulen sowie für die öffentlichen Förderschulen

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es ist es unsere Pflicht als Politiker, die Bildung unserer Kinder zu gewährleisten und sicherzustellen, dass sie die bestmöglichen Chancen für ihren Lebensweg erhalten. Das ist auch der Maßstab der CDU-Fraktion.

Dies scheint jedoch nicht der Anspruch der Landesregierung zu sein, denn sie hat in Bezug auf die Inklusion, die Bildung und Bildungschancen unserer Kinder mit der neu geplanten Grund- und Förderschulverordnung völlig versagt.
Als Fazit der Gespräche und Rückmeldungen kann ich vornweg sagen, dass die Verordnung deutlich die eklatanten Mängel und das realitätsferne Bewusstsein des Bildungsministeriums und der Landesregierung in der Bildungspolitik aufweist.

Sehr geehrter Herr Präsident,
mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich ein paar Reaktionen von Schülern, Lehrern und Eltern:

• „Es gibt Kinder, die brauchen viel Gewöhnung, viel Unterstützung, viel Hilfe. Das alles gibt es nur an Förderschulen!“
• „Es gibt viele Kinder, die eine Lernschwäche haben und an normalen Schulen nicht mitkommen! Sie müssen in einem geschützten Rahmen gefördert werden!“
• „Bei uns gibt es weniger Kinder und Jugendliche an der Schule und in den Klassen. Diese Tatsache ist sehr wichtig für uns. Wir können dann besser lernen!“
• „Die Regelschulen entsprechen nicht den Bedürfnissen der Kinder. Die Anzahl der Kinder in der Klasse, der Klassenlehrer, der dafür nicht qualifiziert ist und der Lehrplan der Regelschule entsprechend nicht den Bedürfnissen der Kinder. Die Einrichtungen der Schule sind nicht geeignet und bieten nicht die geschützte Umgebung!“

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
dies sind nur einige wenige Stimmen die uns in den letzten Wochen erreicht haben. Der Aufschrei und die Angst vor Ihrer geplanten Grund- und Förderschulverordnung, Frau Ministerin Hubig, sie war und sie ist groß.

Was entgegnen Sie all diesen Stimmen? Als zuständige Ministerin ist es Ihre Aufgabe, genau hinzuhören und die Rückmeldungen aufzugreifen. Mir scheint jedoch, Sie verschließen die Augen und Ohren vor der Realität.
Wir als CDU-Fraktion waren nicht untätig und standen in den letzten Wochen in eben diesem Austausch.
Ich möchte nun auf einige der wertvollen Rückmeldungen aus der Praxis eingehen, die von entscheidender Bedeutung sind und Gehör finden sollten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
laut den Verbänden und Lehrkräften sind die Verfahren zur Feststellung des Förderbedarfs und die Ausnahmen in der Verordnung unzureichend definiert. Dies führt zu Unsicherheit bei den Lehrkräften und ggf. zu Benachteiligung von Kindern. Hier vernachlässigt die Landesregierung ihre Verantwortung sicherzustellen, dass kein Kind übersehen wird.
In diesem Zusammenhang wird zudem die Portaleinstellung mit dem Gutachten bis zum Herbst als zu knapp bemessen angesehen.

Zum Punkt der Aufgaben und Ausbildung der Lehrkräfte warnen die Verbände eindringlich, dass die Lehrer besser auf die Anforderungen im Förderschulbereich vorbereitet werden müssten. Es müsse sichergestellt sein, dass sie die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, um inklusiven Unterricht erfolgreich zu gestalten. Mit der jetzigen Fassung der Verordnung versäumen Sie es jedoch augenscheinlich, die notwendigen Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zu gewährleisten.

Zudem werden klare Vorgaben im Bereich der Förderpläne vermisst. Hier haben Sie, Frau Ministerin, es nicht geschafft, klare Richtlinien dafür festzulegen, wer wann einen Förderplan erhält. Dies würde in Konsequenz zu Ineffizienz und Benachteiligung von Schülern führen. Dabei sollten jedoch die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt stehen.

Darüber hinaus gibt es Unklarheiten bei dem Status der Schwerpunktschulen. Die Verwirrung darüber, ob Schwerpunktschulen abgeschafft werden, ist ein Zeichen für die mangelnde Kommunikation und Planung seitens der Landesregierung innerhalb dieser Verordnung. Es ist dringend nötig, Klarheit zu schaffen, wie die Zukunft dieser Schulen aussieht.

Im Bereich der FBZ besteht ebenfalls Verbesserungsbedarf. Nicht nur die Ausstattung und Organisation der FBZs müsse für die Aufgaben dringend verbessert, sondern auch die konkrete Rolle und die Zuständigkeiten klar definiert werden.

Was passiert zudem, wenn keine „innerschulischen Ressourcen“ da sind? Wie geht es dann weiter? Denn darauf wird in der Verordnung an vielen Stellen verwiesen. Aber worauf beziehen sich die Ressourcen, die als Bedingungen für mögliche Maßnahmen aufgeführt werden – auf Personal oder Räume? Auch hier bedarf es Klarheit, denn beides ist in Rheinland-Pfalz Mangelware.

Darüber hinaus wurde an uns die Sorge herangetragen, dass die 10. Klasse der Förderschule L abgeschafft werden soll. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich Betroffene:
• „Wenn Sie uns ein gutes Leben und eine gute Zukunft wünschen, lassen Sie uns die 10. Klasse!“
• „Es ist nötig, die Kinder zu fragen, was sie brauchen und nicht zu beschließen, die 10. Klassen an der Förderschule L abzuschaffen!“
Auch hier könnte ich noch weitere Rückmeldungen aufführen, was jedoch die Redezeit sprengen würde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sehen bereits heute, wie viele Probleme im rheinland-pfälzischen Schulsystem aufgelaufen sind. Kinder werden in den ersten Klassen abgehängt, Lehrkräfte sind frustriert. Das ist das Ergebnis einer fehlerhaften und unzureichenden Bildungspolitik. Und dieser Realität müssen wir uns ehrlich und offen stellen.

Es ist unbestreitbar, dass Inklusion – unabhängig von der UN-Behindertenrechtskonvention – gelebt werden muss. Jedes Kind, ob mit oder ohne Behinderung oder Beeinträchtigung verdient Bildung und Förderung. Wir streiten uns jedoch darüber, wie die Inklusion tatsächlich umgesetzt werden sollte und welche Rahmenbedingungen dafür nötig sind.

Mit Ihrer Verordnung bzw. dem Ansatz, jede Schule zur inklusiven Schule zu machen, hat das Bildungsministerium die Realität des Schulalltags nicht im Blick gehabt. Ihr Vorhaben, Grundschulkinder im ersten und zweiten Schuljahr ohne Feststellungsverfahren des Förderbedarfs im Unterricht zu belassen, wird nicht funktionieren. Dadurch stärken sie eben nicht die Inklusion und vor allem nicht die Kinder.

So sieht die Inklusion mit der Brechstange aus!
Dabei müssen wird doch abwägen, was wirklich hilft und was unsere Kinder ausbremst. Für uns Christdemokraten ist es wichtig, dass ein Kind mit Beeinträchtigungen so intensiv begleitet wird, wie es notwendig ist.

Wir müssen also die richtige Unterstützung, Umgebung und den richtigen Weg für jedes Kind finden. Doch mit der vorliegenden Verordnung ist dies nicht möglich, denn sie schafft die Förderschulen faktisch durch die Hintertür ab und gefährdet dadurch die Bildungschancen unserer Kinder.
Unsere Lehr- und Förderkräfte leisten bereits heute Enormes, um allen Kindern gerecht zu werden. Ihnen gebührt unser Dank und unsere Anerkennung.

Wir fordern Ministerin Hubig und das Bildungsministerium auf, die Realität zu erkennen und die Verordnung grundlegend zu überarbeiten. Beziehen Sie dabei unbedingt die Rückmeldungen aus der Praxis mit ein.

Ergreifen Sie die notwendigen Maßnahmen nicht unter dem Motto „Jedem Kind die gleiche Schule“, sondern „Für jedes Kind die geeignete Schule“!

Vielen Dank.