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Rede Aktuelle Debatte zum Antrag der SPD „Revolution im Klassenzimmer? – Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Lernen und Lehre in den rheinland-pfälzischen Schulen“

Sehr geehrter Herr Präsident,

auf Kommando Hausaufgaben schreiben lassen, Gedichte oder Terminabsagen formulieren – heute binnen weniger Sekunden machbar.
Menschen programmieren Roboter oder Maschinen, damit diese sich wie Menschen verhalten und bewegen können, so wie sie zu schreiben oder gar zu denken.
Bereits seit Jahresbeginn gibt es ein erstes Restaurant im Westerwaldkreis, die auch aufgrund des Personalmangels, einen Roboter als Servicekraft einsetzen.

Ob es mit Stand heute schon genügend verifizierte Erkenntnisse und Ergebnisse dazu gibt, wage ich zwar zu bezweifeln, nichtsdestotrotz ist das Thema, auch im wirtschaftlichen Leben, in der Arbeitswelt und im Bereich der Transformation und Digitalisierung nicht mehr wegzudenken.
Laut Experten hat die Künstliche Intelligenz in den letzten Jahren große Entwicklungen gemacht und es sind viele Fortschritte erzielt worden. Heutzutage, so scheint es, kann man fast alles programmieren und KI ist in unserem Alltag mittlerweile fast überall.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es klingt zunächst recht simpel, Maschinen oder Programme so zu programmieren, dass sie menschliche Fähigkeiten adaptieren – in der Realität ist es dann aber doch nicht so.
Ironie, Humor oder Feinfühligkeit sind für Maschinen nicht möglich. Emotionen haben sie noch nicht, auch wenn versucht wird, dies zu programmieren. Maschinen treffen Entscheidungen auf Grundlage von Null uns Eins.

Aber wie weit kann und darf das in den Schulen, den Universitäten und der Ausbildung gehen?
Wie sollen dann künftig Hausarbeiten oder gar Debatten wie die heutige aussehen, wenn KI-Programme für uns die Arbeit erledigen und die Reden schreiben?
Was wenn ein ChatBot unsere Reden hier im Plenum formuliert? Jeder von uns geht an Debatten unterschiedlich heran, hat einen anderen Ansatz, argumentiert in die eine oder andere Richtung, bringt Emotionen ein.
Davon leben unsere Debatten!

Die CDU-Fraktion steht, und das will ich klar und deutlich sagen, für Digitalisierung, Technologieoffenheit und für die Entwicklung der Technik und Programme. Dies gilt es unbedingt zu unterstützen und zu fördern.
Allerdings benötigen wir gleichzeitig auch Analysen und Studien, die uns wichtige Handlungsanleitungen mitgeben können und dabei helfen, mit Themen wie Datenschutz, Cyberkriminalität, Künstliche Intelligenz und verantwortungsbewusste Mediennutzung richtig und vernünftig umzugehen.
Und der richtige Umgang will gelernt sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Chat GPT wird mit all seiner Dynamik unser Arbeiten, Bildung und Wirtschaft grundlegend verändern. Schon jetzt testen viele Unternehmen die Anwendung.
Wir werden den Chatbot auch nicht aus den Schulen und Hochschulen, von unseren jungen Menschen, die bekanntermaßen sehr technikaffin sind, weghalten können, dies wäre der falsche Weg. Es geht nicht um ein pauschales Nutzungsverbot.
Als Mutter weiß ich, dass meine kleine Tochter mit dieser oder weiteren KI‘s aufwachsen wird und es die Aufgabe für uns als Eltern ist, ihr den Umgang und die Nutzung zu erklären - eben einen Rahmen zu geben oder evtl. auch zu begrenzen.
Unser Nachbarbundesland Hessen hat jüngst beispielsweise das Schulfach „Digitale Welt“ in den Schulalltag eingeführt und hier werden genau diese Themen behandelt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es geht darum ein Bewusstsein für den Umgang mit künstlicher Intelligenz zu schaffen.
Für uns als CDU sind Bildung, ebenso wie selbstbestimmtes Denken und Arbeiten, hohe Güter, für die wir unbedingt einstehen müssen.
Deshalb dürfen wir bei all den Vorteilen von Künstlicher Intelligenz die Augen vor den noch offenen Fragen nicht verschließen und müssen die Gesellschaft mitnehmen.

Zwar ist es nichts Neues, wenn Prüflinge versuchen, Mithilfe von Schreib- bzw. Sprache zu Text-Programmen o.ä. ihre Arbeiten zu vollenden – die Debatte hat jedoch an Fahrt aufgenommen, als das KI-Programm Chat GPT aus den USA im November vorgestellt wurde.
Noch sind die Auswirkungen von Chat GPT auf unsere Bildungs- und Prüfungslandschaft nicht final bekannt und absehbar.

Wir müssen uns fragen, wie künftig die Eigenleistung von Schülern und Studenten aussehen wird und wie soll dann bewertet werden? Wie sehen Prüfungsformate aus?
Auch der Bundestag hat Mitte Februar darüber diskutiert und im Bildungsausschuss wurde nun eine Studie zu den „Auswirkungen von ChatGPT auf Bildung und Forschung“ in Auftrag gegeben.
Das Büro für Technikfolgenabschätzung im Bundestag, welches vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) betrieben wird, wird dies durchführen und steht dem Bundestag bei technologiepolitischen Fragen beratend zur Seite. Für April werden erste Ergebnisse und Analysen erwartet, die dann im Bundes-Bildungsausschuss vorgestellt werden sollen.

Für Rheinland-Pfalz erwarte ich, dass die Landesregierung diese Studie und die Ergebnisse intensiv verfolgt und bereits jetzt aktiv daran arbeitet, etwaige Auswirkungen auf unser Land und unsere Bildungseinrichtungen zu analysieren.
Dabei muss selbstverständlich auch immer der Bereich der Wirtschaft - und Arbeitswelt mitbedacht werden. Mit dem Chatbot Chat GPT können - so die Experten, auch Prozesse von Unternehmen beschleunigt werden. Mehr in der zweiten Runde.


Zweite Runde

Was braucht es bzgl. Chatbots in den Klassenzimmern bei uns? Es müssen Handlungsanweisungen und Fortbildungen für Schulen und Universitäten erstellt bzw. angeboten werden, wie mit Programmen der Künstlichen Intelligenz umgegangen werden muss. Auch mit Blick auf scheinbar banale Hausaufgaben, die Dimension, so wie sie auch beim Blended Learning noch nicht überall genutzt und bekannt ist, muss transparent sein.

Wir müssen schnell mit gesicherten Informationen aufwarten oder, auch das ist an einigen Schulen in Amerika erfolgt, ggf. über eine Sperrung des Chatbots nachdenken. Wir müssen mit Schulen, Eltern, Verbänden und Schülern sowie sämtlichen Vertretern im Bildungssystem diskutieren.
Wir als CDU sind überzeugt davon, dass es eine Unterscheidung zwischen der Nutzung von Chatbots / KI insgesamt und dem herkömmlichen Anfertigen von Hausaufgaben geben muss.
Wir dürfen die Augen von dieser rasanten systemischen Veränderung bzw. der technologischen Revolution nicht verschließen, sie aber auch nicht vorschnell in die eine oder andere Richtung verteufeln. Denn für uns ist klar: Die Bildung und die Nutzung von geistigem Eigentum sind ein zu lernendes und lehrendes Kulturgut, das wir nicht aufgeben werden, aber auch immer wieder weiterbilden müssen.

Auch sollte sich die Landesregierung mit heimischen IT-Firmen zusammen setzen und erörtern, mit welchen Plagiatsprogrammen Chat GPT unter Umständen identifiziert werden kann.
Technisches und programmatisches Know-How haben wir auch hier in Rheinland-Pfalz und nicht nur in den USA.

 

(Foto-Credentials: Rolf H. Epple)