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„Es muss sich was verändern“ – Experten ordnen die Ergebnisse der IQB-Studie ein

thumb Anhörung IQB Studie FebruarDie Ergebnisse der IQB-Studie 2021 weisen auf deutliche Mängel der rheinland-pfälzischen Grundschulkinder in den Bereichen Lesen, Zuhören und Orthografie hin – im Lesen verfehlen 16 Prozent der Kinder die Mindeststandards, im Zuhören sind es 18 Prozent und bei der Orthografie 28 Prozent.

Auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion hat sich der Bildungsausschuss in heutiger Sitzung mit der IQB-Studie und den darin veröffentlichten Ergebnissen bezogen auf Rheinland-Pfalz beschäftigt und
Experten aus Verbänden und Institutionen zu einer Anhörung eingeladen.

„Wir wollten mit den Verbänden, Institutionen, Lehrern, Schülern und Eltern gemeinsam über diese Ergebnisse sprechen und erörtern, was sich im Bildungsbereich in Rheinland-Pfalz verändern muss,
damit Grundschulkinder künftig ausreichend für die weiterführenden Schulen vorbereitet sind. Denn
Lesen und Schreiben bzw. die Sprache sind nun mal elementar für das weitere Leben“, erklärt Jenny
Groß, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion.

Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass der Personalschlüssel und damit die Lehrerversorgung
elementar ist. „Ohne genügend ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer und weiteres Personal für
Schule und Verwaltung ist keine deutliche und nachhaltige Verbesserung des Systems Schule zu
gestalten. Fordern und Fördern muss wieder deutlicher im Schulalltag integriert sein und dies mit
ausgebildetem Personal“, so Jenny Groß.

„Für uns braucht es eine systemische Veränderung, damit Schule nicht im Notbetrieb läuft. Wir
brauchen eine Personalversorgung von 100% plus x, eine flächendeckende Ausweitung der
Schulsozialarbeit und Schulpsychologie und eben keine Studenten, die eine Klassenleitung
innehaben. Die multiprofessionellen Teams gehören ebenso zum System Schule, wie die fachmäßig
ausgebildeten Fachkräfte für Integration“, argumentierte Bengjamin Bajraktari vom Verband Reale
Bildung.

Prof. Dr. Felicitas Thiel von der Freien Universität Berlin erklärte, dass es verbindliche
Sprachstandsdiagnosen 18 Monate vor dem Schuleintritt geben muss, damit frühestmöglich Defizite
erkannt und denen entgegengewirkt werden kann. „Es ist bedauerlich, dass das Programm der
Sprach-Kitas von Bundesseite nicht mehr weitergeführt werden soll, die Länder sind hier jetzt am
Zug, den Wegfall zu kompensieren. Darüber hinaus müssen insgesamt Veränderungen am operativen
Kern erfolgen und ganz wichtig ist es vor allem die Lehrer im System zu stärken“, so Prof. Dr. Thiel.

Die Vorsitzende des Philologenverbandes, Cornelia Schwartz, schlug vor, dass im Lehrplan Raum
dafür geschaffen wird, dass unterschiedliche Unterrichtsmethoden angewendet werden können.
Auch müsse die Fehlerkultur verbessert werden, damit mehr Möglichkeiten zum Verständnis des
Unterrichtsinhaltes eröffnet werden und gerade in den weiterführenden Schulen müssen die Kinder
mit Fehlern bzw. der Korrektur dieser umgehen können.

Lars Lamowski, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung, fokussierte sich in seiner
Auswertung der Ergebnisse auf das dringend nötige Umdenken: „Denn wir haben ein Problem und
müssen uns überlegen, was wir tun können, damit wir besser werden. Wir müssen uns fragen, was
uns Bildung wert ist.
Wir brauchen Zeit für die Kinder, um diese zu fördern bzw. um die Ziele, die man nach den
Ergebnissen und Diagnosen der Studien formuliert, auch umsetzen zu können. Aber dafür brauchen
wir Köpfe in der Schule, also voll ausgebildete Lehrkräfte die dann die Kinder gezielt fördern und
fordern können. Ein verpflichtendes Schuleingangsjahr kann hier ein erster Ansatz sein, die Kinder für
die Grundschule auch vorbereiten zu können. Es muss insgesamt mehr in den Grundschulbereich
investiert werden, denn hier werden die Grundlagen gelegt!“

„Für die CDU-Landtagsfraktion steht ganz klar fest: Mit einem hohen Maß an Unterrichtsausfall, der
bedingt ist durch den Personalmangel und mit Klassenleitungen, die noch keine beendete Ausbildung
durchlaufen haben, ist es für die Kinder umso schwieriger, die Unterrichtsinhalte vermittelt zu
bekommen. Das Land muss nun endlich einsehen wo die Probleme liegen und Verbesserung
herbeiführen und nicht mit Pilotprojekten oder toll klingenden Programmen versuchen, ein Loch im
System zu verkleinern. Es geht um das große Ganze, das gesamte System bedarf einer Überarbeitung
und Rahmenbedingungen müssen geändert werden.

Dazu zählt für uns, dass der Übergang von der Kita in die Grundschule deutlich verbessert werden
muss, beispielsweise mit den so genannten „Startergruppen“. Zum anderen fällt unter die
geänderten Rahmenbedingungen die Besoldung der Lehrkräfte der Grundschulen, die auf A13
angehoben werden muss. Des Weiteren braucht es deutlich mehr Schulsozialarbeiter und Fachkräfte.
Wir brauchen mehr Fachpersonal für Integration und Inklusion. Denn die können einerseits das
Lehrpersonal entlasten, damit diese sich wieder voll und ganz auf den Unterricht konzentrieren
können, und andererseits sich gezielt mit den Kindern beschäftigen und diese fördern.

Spätestens jetzt ist klar, dass die Lage in Rheinland-Pfalz brennt und wir dringend politisch Handeln
müssen. Dies wurde von den bildungspolitischen Experten im Land heute in der Anhörung deutlich“,
schlussfolgert Jenny Groß und fasst die Ergebnisse der Anhörung zusammen.