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Kita-Gesetz schafft Probleme, wo vorher keine waren – Erzieherinnen und Erzieher laufen auf dem Zahnfleisch

Am 21. August 2019 wurde es beschlossen – das Kita-Zukunftsgesetz. Damit startete die Erwartungsphase der Eltern und der Umsetzungsdruck für die Träger. Die Landesregierung suggeriert der Öffentlichkeit Verbesserungen – unter dem Strich bleibt aber ein Millionen-Schwindel zu Lasten von Kindern, Erziehern, Eltern und den Trägern der Kindertagesstätten. Die heimische Landtagsabgeordnete Jenny Groß hat sich in ihrem Westerwaldkreis ein genaues Bild gemacht:

„Seit das Kita-Zukunftsgesetz beschlossen wurde, macht sich ein großer Unmut bei den Erzieherinnen und Erzieher breit. Hier im Westerwaldkreis gibt es nun zahlreiche Kitas, die aufgrund der Vorschriften des Kita-Gesetzes umgebaut werden müssen. Damit verbunden sind ein hoher Aufwand und enorme Kosten. Die Landesregierung macht sich jedoch einen schlanken Fuß, indem sie immer wieder betont, dass der örtliche Träger der Jugendhilfe grundsätzlich in der Verantwortung steht und dass das Kita-Gesetz ja gar keinen Um- oder Neubau vorschreibt. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Um den Anforderungen des Gesetzes gerecht zu werden, müssen zahlreiche Einrichtungen im Land umbauen vornehmen. Die Kommunen und Träger müssen sich um den bedarfsgerechten Ausbau, Unterhalt etc. kümmern, und zwar in Eigenleistung. Das ist vielerorts kaum zu stemmen. Auch beklagen die Kommunen, dass sie so bald den eigentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen können.

Im Westerwaldkreis haben in den Jahren 2018 bis 2021 insgesamt 20 Kindertagesstätten eine Förderung beantragt und die Genehmigung dafür erhalten. Die Baukosten betrugen dabei insgesamt 17 442 135,18 Euro.

In der Großen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion wurde erneut explizit nach den Baukosten – aufgrund des neues Gesetzes - und der Unterstützung der Landesregierung gefragt. Die Antwort ist ernüchternd, schwammig und enttäuschend auf ganzer Linie. Die Landesregierung argumentiert, dass ‘seitens des Landes keine Abschätzung für die Baukosten von Tageseinrichtungen gemacht werden kann, da das Land nur dann Kenntnisse über angefallene Baukosten hat, wenn für eine Maßnahmen Förderanträge im Rahmen der Förderprogramme gestellt werden.‘

Es wird klar, dass die Landesregierung weder einen Überblick über den Ist-Stand noch über investitionsbedingte Bedarfe hat. Daher bleibt die Grundlage unserer Kritik bestehen: Wie kann ein neues Gesetz ohne Kenntnis der aktuellen Situation vorangetrieben werden? Wie kann man Verbesserung versprechen, wenn die Realität nicht bekannt ist?

Die Nichtgewährung von fest eingeplanten Zuschüssen, zu deren Beantragung das Land auch noch aufgerufen hatte, sorgt bei zahlreichen Kommunen bzw. kommunalen Kita-Trägern für Verärgerung. „Uns wurde mitgeteilt, dass Zuschüsse für die Baumaßnahmen nicht gewährt werden können, da es keine entsprechenden Förderbestimmungen gibt und vorhandene Bundesmittel verbraucht bzw. nicht durch das Land dem Bedarf entsprechend aufgestockt worden sind“, berichtet Rennerods Bürgermeister Gerrit Müller.

Seine Verwaltung sei im Oktober 2020 über das rückwirkende Inkrafttreten (1. Juli 2020) der Verwaltungsvorschrift zur Gewährung von Zuwendungen zu den Baukosten von Kindertagesstätten vom 25. September 2020 informiert worden. Am 20. November 2020 gab es erneut ein Schreiben. Darin hieß es, dass die Einreichung der Anträge mit allen erforderlichen Unterlagen bis zum 6. Januar 2021 erfolgen muss, damit eine Bezuschussung möglich ist.

„Damit diese kurze Frist eingehalten werden konnte, mussten Kita-Träger und die beauftragten Architekten über Weihnachten und den Jahreswechsel die Planungen im Eiltempo durchziehen“, so Müller. Letzen Endes blieben die Anstrengungen ohne Erfolg, da sämtliche Förderanträge für den Bereich der Verbandsgemeinde abgelehnt wurden.

„Wie wir auf Nachfrage erfahren haben, wurden im Bereich des Westerwaldkreises von 17 Zuschussanträgen nur sieben Bewilligungsbescheide erteilt. Ansonsten seien die Zuschussmittel damit aufgebraucht und eine Zuschussgewährung erfolge nicht mehr“, äußerte Gerrit Müller sein Unverständnis.

Darüber hinaus hat die Landtagsfraktion in der Großen Anfrage nach den Auswirkungen des Gesetzes auf die Personalstärke gefragt. Auch hier sieht die Landesregierung keine Problematik. Durch das Gesetz seien keine verlängerten Betreuungszeiten vorgesehen. Hieran zeigt sich, dass die Landesregierung die Nöte und Sorgen der Erzieherinnen und Erzieher gar nicht wahrnimmt. Auch hat die Landesregierung scheinbar kein Interesse, sich den Sorgen und Problemen anzunehmen.

Vielerorts fehlen nach der Einführung des Gesetzes nun Stellen, die von den jetzigen Erzieherinnen und Erziehern aufgefangen werden müssen. Die großen Proteste von Seiten des Personals, die zahlreichen Belastungsanzeigen an den Kitas, die schwierigen baulichen Kosten und Umbaumaßnahmen – überall schiebt die Landesregierung Verantwortung weg auf die Träger.

In Gesprächen mit den Kitas vor Ort wird eines klar: Das Kita-Zukunftsgesetz ist gescheitert. Wo früher die Träger gewisse Freiheiten hatten, weil das alte Kita-Gesetz bewusst einen flexiblen Umgang bei der Umsetzung ermöglichte, versucht das neue Gesetz unter dem Deckmantel der „Transparenz“ eine landesweite Vergleichbarkeit zu schaffen, die den individuellen Bedürfnissen der Träger vor Ort, die ja letztlich alleine für alles verantwortlich zu sein scheinen, in keiner Weise berücksichtigt. Das Land versucht also Dinge über einen Kamm zu scheren, die so einfach nicht zu vereinheitlichen sind. Das führt zur großen Verwirrung und Ungewissheit vor Ort darüber, wie z.B. Personal dauerhaft vorzuhalten ist, wie sich das Sozialraumbudget gestaltet und welche früheren Förderprogramme sich nunmehr in diesem wiederfinden.

Im Bezug auf die Stellen aus dem Sozialraumbudget werden frühstens im Jahre 2023 erste Einschätzungen und Aussagen für das Jahr 2021 getroffen werden können, 2024 dann für das Jahr 2022. Denn erst wenn die Jugendämter die ‘zugewiesenen Stellenanteile im webbasierten Administrations- und Monitoringssystem KiDz per Gesamtverwendungsnachweis‘ abrechnet, wird das Land Informationen über das Sozialraumbudget haben.
Derweil arbeiten Erzieherinnen und Erziehern am Limit und die Träger sorgen sich um den finanziellen Aufwand für Umbauten. Dies ist eine unakzeptable Situation, hier muss schnellstmöglich Abhilfe und mehr Klarheit geschaffen werden.

Fest steht: Wir stehen an der Seite unserer Erzieherinnen und Erzieher und setzen uns weiterhin im Landtag für sie ein.“

 

(Foto-Credentials: Lizenzfreies Bild)